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Tierschutz in der Europäischen Union – Tiernutzung ohne Grenzen



“Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt tragen die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.” (Lissaboner EU-Reformvertrag)"

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Der Stellenwert des Tierschutzes in der Europäischen Union

Der Stellenwert ist, bei allen Unterschieden der Mitgliedstaaten, traditionell und aufgrund der beherrschenden ökonomischen Interessen seit Gründung der Europäischen Wirtschafts-Gemeinschaft sehr gering. Die Union ist das Spiegelbild der Mitgliedstaaten, sie kann nicht besser oder schlechter sein als die Staaten, aus denen sie besteht. Über die EU urteilen heißt: Über die Mitgliedstaaten und deren Tun und Lassen zu urteilen – und über die hinter den Staaten stehenden Gesellschaften, Bevölkerungen, Parteien und Verbände. Als Wirtschaftsgemeinschaft fördert sie mit 40 % des Haushalts die Landwirtschaft, und zwar vornehmlich die Großbauern und Agrarfabriken mit den für diese kennzeichnenden Intensiv-Massentierhaltungen. Tierschutzvorschriften erlässt sie, wenn dadurch Handelshemmnisse und Wettbewerbsverzerrun- gen im Binnenmarkt verhindert werden. Wenn nämlich in den einzelnen EU-Ländern unterschiedlich strenge Vorschriften zur Haltung von „Nutz“- und „Versuchstieren“ herrschten, wären Anbieter aus Ländern mit strengeren, also tierfreundlichen Vorschriften wegen der höheren Produktions- und Haltungskosten auf dem Binnenmarkt benachteiligt. Um solchen Benachteiligungen entgegenzuwirken, erlässt die EU Tierschutzvorschriften, die für alle Mitglied- staaten verbindlich sind. Die tier- und binnenmarktrelevanten EU-Richtlinien dienen weniger dem Schutz der Tiere sondern dem freien Handel mit Tieren und der Harmonisierung des Wettbewerbs und legen lediglich Mindeststandards fest. Weil die Mitgliedstaaten, die über die Minimal- anforderungen hinausgehen, wirtschaftliche Nachteile im Konkurrenzkampf haben, werden von ihnen nur selten tierschutzfreundlichere nationale Vorschriften erlassen. Die besonders rückständigen Länder sind bestrebt, eine gemeinschaftliche Anhebung des Niveaus zu verhindern. Langfristig drohen die nationalen Vorschriften auf den EU-weit niedrigsten Standard abzusinken, eine Gefahr gerade angesichts der Erweiterung der EU mit Staaten, die tierschutzmäßig besonders rückständig sind. Hinzu kommt, dass die Tierschutzgesetzgebung der Union zu einem großen Teil von WTO-Bestimmungen beeinflusst wird. Maßnahmen zum Schutz der Tiere werden oft durch die liberalen Handelsvorschriften der Welthandelsorganisation blockiert. Unabhängig von der Gesetzeslage in der EU ist der europäische Markt offen für Produkte, deren Herstellung mit Tierleid verbunden ist. Lebendige Tiere werden in den Verträgen als „Agrarprodukte“ eingestuft – und entsprechend behandelt. Der Lissabon-Vertrag bekennt sich zwar zum Tierschutz, nimmt aber „Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe“ aus dem Tierschutz heraus – ein Freibrief für Stierkämpfe und Stierhetzen, Ziegenwerfen und Windhundrennen in Spanien, Hähne- und Hundekämpfe, Rodeo, Wildtiere in Zirkussen, Sportangeln, betäubungsloses Schächten, Hetzjagden, Gänse- und Entenstopfen, Gänserupfen, Fröschen die Beine ausreißen. Für die laufende Durchsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sind aber die Mitgliedstaaten zuständig. Jeder Verstoß gegen diese Vorschriften ist zunächst der zuständigen Behörde des betroffenen Mitgliedstaats zu melden. Hat die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats nach Auffassung der Kommission gegen eine Gemeinschaftsvorschrift verstoßen, so kann sie auf der Grundlage von Artikel 226 des Vertrags ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Mitgliedstaat einleiten. Sie stützt sich dabei auf stichhaltige, ausreichende und zuverlässige Daten. Verstöße eines Mitgliedstaats gegen Gemeinschaftsvorschriften können der Kommission in Form amtlicher Kontrollberichte über ihre eigenen Dienststellen, z.B. dem Lebensmittel- und Veterinäramt, oder über Beschwerden von Nicht-Regierungsorganisationen oder Privatpersonen zur Kenntnis gebracht werden. Die seit Jahrzehnten anhaltenden unzulänglich kontrollierten Lebendtier-Ferntransporte mit Millionen Tieren im Jahr auf dem Hintergrund der Exportsubventionen der EU belegen schon das weitgehende Desinteresse der EU-Staaten am Schicksal der Tiere, ebenso wie die Akkord-Schlachthöfe mit ihren Fehlbetäubungen, die beschämenden, erbärmlichen Haltungen der sogenannten Nutztiere usw. usf. Die Blutspur gequälter und missbrauchter Tiere zieht sich ungesühnt und stetig quer durch Europa.

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Beispiel: Tierversuche und Chemikalienpolitik

Die Zahl der für Tierexperimente missbrauchten Tiere beträgt in der EU rund 12 Millionen Tiere, und zwar mit steigender Tendenz, vor allem in der Grundlagenforschung. Die bisher gültige und veraltete Tierversuchsrichtlinie aus 1986 liegt teilweise unter dem Niveau einzelner nationaler Bestimmungen. Der im November 2008 vorgelegte Neufassungsvorschlag der Kommission (primärer Zweck: Harmonisierung des Wettbewerbs) sah mehrere Verbesserungen vor, z.B. die rückwirkende Bewertung stattgefundener Versuche. Die Verbesserungen stehen jedoch nicht mehr in dem im Dezember 2009 vorgelegten Richtlinienentwurf, der als Kompromiss zwischen Rat, Kommission und Parlament dargestellt wurde (Trialog-Mitentscheidungsverfahren). Der massive Druck von Industrie und Forschungsgesellschaften sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung war maßgeblich. So soll den Mitgliedstaaten verboten werden, nach Inkrafttreten der Richtlinie für das eigene Hoheitsgebiet darüber hinausgehende tierfreundlichere Regeln zu erlassen, womit das Subsidiaritätsprinzip umgangen wird. Ein absolutes Novum, denn bisher galt für EU-Richtlinien, dass die EU Mindeststandards festlegt und die nationale Umsetzung darüber hinausgehen kann. Andererseits erlaubt der Kompromisstext ein Abweichen zu Lasten der Tiere. So sollen die Mitgliedstaaten die Anwendung einzelner Alternativmethoden verbieten können; die Pflege- und Unterbringungsstandards dürfen unterschritten, Genehmigungsverfahren vereinfacht werden. Der Entwurf enthält kein Programm zum Ausstieg und zur Reduktion der Tierversuche; kein Verbot der Versuche an Affen und Menschenaffen; kein Verbot von Versuchen, die lang anhaltende, schwere Schmerzen, Schäden und Leiden verursachen; kein Verbot der mehrfachen Versuche an einem Tier. Hingegen ermöglicht er ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für Versuche, die „leichte“ Schmerzen, Schäden und Leiden hervorrufen. Rückwirkende Bewertung nur von Versuchen an Affen und von Experimenten, die schwere Schmerzen, Schäden und Leiden hervorrufen; Veröffentlichungspflicht nur für Versuche an Affen und Experimente, die schwere Schmerzen, Schäden und Leiden hervorrufen. Kommentar von Michelle Thew, Chief Executive von ECEAE (European Coalition to End Animal Experiments): „Es besteht ein riesiger Unterschied zwischen dem vermittelten Eindruck, was geschehen wird, und der Realität für Millionen von Tieren, die auch weiterhin in europäischen Labors leiden und sterben werden. Wir sind tief enttäuscht, dass eine Gelegenheit, das Wohlergehen von Tieren zu verbessern und Tierversuchen stärkere Einschränkungen aufzuerlegen, vergeudet wurde." Ein Fortschritt ist die neue Richtlinie allerdings für die EU-Staaten Ost- und Südosteuropas. Der Entwurf wurde am 3. Juni 2010 vom Ministerrat unverändert angenommen, am 8. September 2010 auch vom Europäischen Parlament. Eine verpasste Chance, das Leiden der „Versuchstiere“ zu lindern und tierfreie Verfahren zu fördern. Nach wie vor ist beabsichtigt, ca. 143.000 „Altchemikalien“, die vor 1981 auf dem Markt waren, einer nachträglichen Sicherheitsprüfung und Risikobewertung zu unterziehen. (EU-Kommissionstext “Entwurf für einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe“ (REACH) vom 29.10.2003). Nach ersten Angaben der EU-Kommission sollen dafür bis 2020 bis zu 10 Millionen „Versuchstiere“ geopfert werden (Fische und Wirbellose nicht gerechnet). (Laut schwedischer „Stiftung tierversuchsfreie Forschung“ 25 Millionen, nach einer 2009 vorgelegten Studie sollen sogar mindestens 54 Millionen Tiere ihr Leben lassen). Stellungnahmen aus dem In- und Ausland haben dargelegt, dass das Altchemikalien-Prüfungsvorhaben ohne Tierversuche durchgeführt werden kann, und zwar nicht „nur“ aus ethischen Gründen, sondern weil, wie die Erfahrungen belegen, Tierversuche ungeeignet sind, die Schädlichkeit von Chemikalien für Mensch und Umwelt sicher und kostengünstig zu beurteilen, im Gegensatz zu inzwischen entwickelten (und noch weiterhin zu entwickelnden) tierversuchsfreien Testverfahren. Gerade die Langzeitauswirkungen der diversen Chemikalien in der Umwelt lassen sich mit Tierversuchen am wenigsten feststellen, weil sie als Momentaufnahme für das lange Zeitfenster nicht zuverlässig aussagekräftig sind. Tierversuche geben keine Auskunft über Lang- zeitauswirkungen im menschlichen Organismus oder gar in der Biosphäre. Als vordringlicher Schritt sind zunächst sämtliche bereits vorhandenen Informationsquellen (auch solche von außerhalb der EU) auszuschöpfen, worüber es aber nach wie vor keinen verbindlichen Beschluss gibt. Alle existierenden Daten (nicht nur die aus Tierversuchen resultierenden) sind zwingend zugänglich zu machen, offenzulegen und verpflichtend gemeinsam zu nutzen, so dass sich erneute Tests erübrigen. Es ist zwingend und rechtsverbindlich festzulegen, mehrere Hersteller des gleichen chemischen Stoffes zu verpflichten, nur einmal die vorhandenen Tierversuchs-Daten vorzulegen, bei Androhung finanzieller Sanktionen. (=>http://guidance.echa.europa.eu/index_de.htm).

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Schlachten und Schlachthöfe

Nach der Annahme der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 vom 18.11.2009 des Rates über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung gelten vom 01.01.2013 an neue Bestimmungen zum Schlachten (http://ec.europa.eu/food/animal/welfare/slaughter/index_de.htm).

Diese SchlachtVO, die 2013 als nationales Recht in Kraft tritt, ist selbst gegenüber der jetzigen deutschen VO ein Rückschritt: Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht berücksichtigt, die Bestimmungen sind ungenau und übertragen den Schlachthofbetreibern die Aufsicht und Verantwortung und lassen viel Interpretationsspielraum in der Auslegung zu. Die Missstände in den Schlachthäusern besonders hinsichtlich der zahlreichen Fehlbetäubungen werden sich durch diese EU-Gesetzgebung kaum ändern.

Das betäubungslose Schächten bleibt erlaubt, vorbehaltlich strengerer tierfreundlicherer nationaler Regelungen.

Die Kontrollinstanzen der Kommission – in diesem Fall das zur Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher gehörende Lebensmittel- und Veterinäramt (Food and Veterinary Office, FVO) in Grange (Irland) – führen in den Mitgliedstaaten regelmäßig Inspektionen vor Ort durch. Dabei werden u.a. die Betriebe kontrolliert und es wird geprüft, ob und inwieweit die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen die korrekte Anwendung der EU-Bestimmungen gewährleisten. Werden Mängel wie die häufig auftretenden Fehlbetäubungen festgestellt, so ergeht an den betreffenden Mitgliedstaat eine „Empfehlung“ (allerdings eben nur eine „Empfehlung“), diese zu beseitigen. Die Inspektionsberichte des Lebensmittel- und Veterinäramtes sind unter der Internetadressehttp://ec.europa.eu/food/fvo/index_de.cfm einsehbar.

Privatpersonen oder Organisationen bleibt es unbenommen, im Fall nicht ordnungsgemäßer Anwendung der EU-Vorschriften förmliche Beschwerde bei der Kommission einzureichen, vorausgesetzt, die Gründe dafür sind stichhaltig und die Fakten hinreichend nachweisbar und verlässlich.

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Klonen von Tieren für die Lebensmittelproduktion

Am 08.07.2010 votierte das Europäische Parlament gegen das Klonen von Rindern, Schafen und Schweinen für die Lebensmittelproduktion. Damit vertraten die Abgeordneten eine andere Haltung als die Kommission und die Minister der Mitgliedstaaten. Die Befürworter des Tierklonens argumentieren erwartungsgemäß rein ökonomisch. Es sei profitabel, Tiere, die Gewähr für besonders zarte Steaks oder besonders viel Milch böten, unbegrenzt herzustellen. Außerdem drohten handelspolitische Probleme vor allem mit den USA, wo Fleisch von geklonten Tieren seit zwei Jahren zugelassen ist und sich auch schon im Handel befindet. Demgegenüber wurde seitens des Parlaments darauf verwiesen, dass die Technik des Klonens für die Tiere mit enormen Leiden verbunden ist. So gelangen nur neun bis 15 Prozent der transplantierten Embryos überhaupt zur Geburt, wobei häufig Komplikationen auftreten. Viele der Tiere sterben im weiteren Verlauf ihres Lebens qualvoll, da sie häufig an Herz- und Lungenkrankheiten oder an Immunschwächen leiden. (Das Klonen von Tieren zu Forschungszwecken ist von der Parlamentsentscheidung nicht betroffen und bleibt weiterhin erlaubt).Die Kommission hat am 19.10.2010 Vorschläge für eine Regulierung von Klonfleisch gemacht. Danach soll das Klonen von Tieren zur Lebensmittelerzeugung befristet auf fünf Jahre verboten werden, ebenso das Inverkehrbringen von Lebensmitteln aus Klonen. Es wurde aber versäumt, Regelungen bezüglich der Nachkommen geklonter Tiere zu treffen. Das Parlament will das Verbot auch auf Samen und Embryonen ausdehnen.

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Landwirtschaftliche „Nutztier“haltung und EU-Osterweiterung

Was den Tierschutz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung angeht, so ist hier die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) entscheidend, die durch zu hohe Subventionen gekennzeichnet ist, die vor allem an die großen Betriebe gehen, ferner durch die Exportsubventionen von Agrarprodukten. Damit verbunden ist die Förderung der Intensiv-Massentierhaltung auf der Grundlage von Futtermittel- importen.

Bemerkenswert ist, dass durch die Agrarpolitik auch die Kampfstierzüchter verdeckt gefördert werden: Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und die Kommission haben sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Subventionen der EU für Stierzüchter befasst. Grundsätzlich gilt zwar, dass es im Rahmen der Agrarpolitik keine gesonderten Programme oder Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung von Kampfstierzüchter gibt. Gleichwohl kann gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 für Tiere, die im weiteren Verlauf ihres Lebens als Kampfstiere verwendet werden,  wie für alle anderen männlichen Rinder in der EU, eine Sonderprämie gezahlt werden.

Diese Sonderprämie für männliche Rinder kann einmal im Leben eines Tieres beantragt werden. Dies geschieht in der Regel ab einem Alter von neun Monaten. Tiere, die dann als Kampfstier verwendet werden, sind nicht ausdrücklich von der Sonderprämie ausgeschlossen, da die Regelung nicht nach dem Zweck der Tiere unterscheidet. Nach Auskunft der Kommission ist zum Zeitpunkt der Beantragung der Prämie nicht bekannt, ob ein Tier als Kampfstier verwendet werden soll. Deshalb wähnt sie sich nicht in der Lage festzustellen, für wie viele der später als Kampfstiere verwendeten männlichen Rinder eine Sonderprämie der EU gezahlt wurde. Nach einem Bericht der „Daily Mail“ vom 20.09.2010 fließen jährlich 44 Millionen € an die Kampfstierzüchter und die Blutfiestas, weitere Millionen für den Erhalt der Stierkampfarenen. In anderen Berichten ist sogar von 600 Millionen € die Rede. Ungeklärt ist, wie viel Geld von den jährlichen 5,15 Milliarden € Agrarsubventionen für Spanien für den Stierkampf und andere „kulturelle Traditionen“, bei denen Tiere misshandelt und getötet werden, abgezweigt werden. In der Vergangenheit hat es bereits Bemühungen gegeben, Kampfstierzüchter vom Erhalt der Sonderprämie auszuschließen. Dies ist am Widerstand einiger Mitgliedstaaten gescheitert, insbesondere da der Stierkampf in einigen Teilen Europas zur sogenannten kulturellen Tradition und zum nationalen Erbe gehört.

Zur landwirtschaftlichen Tierhaltung sind im Laufe der Jahre einige Richtlinien, basierend auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Mitgliedstaaten herausgekommen. So gibt es die Richtlinie zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere, Richtlinien für Legehennen, Kälber, Schweine und Masthühner sowie eine Richtlinie über die Haltung von Wildtieren in Zoos. (Ferner gibt es gemeinschaftliche Rechtsvorschriften über Tierkrankheiten). Dabei handelt es sich um Mindestanforderungen, um Mindestanforderungen im Sinn einer Mindestharmonisierung. 2004 erschien die Verordnung zum Schutz von Tieren bei Transporten. Die Richtlinien sind so allgemein und vage, dass von einem Schutz der „Nutztiere“ nicht gesprochen werden kann. So ist z.B. ständiges Dämmerlicht für diese Tiere zulässig. Die sog. Pelztiere werden den „Nutztieren“ zugeordnet. Es liegt im Ermessen der Mitgliedstaaten, bestimmte tierquälerische Praktiken weiterhin zu erlauben, wie die Zwangsmast von Enten und Gänsen zur Erzeugung von Fettleber. EU-Richtlinien für diese Tiere gibt es nicht, auch nicht für Schafe, Mastkaninchen, Rinder, Puten, Pferde, Ziegen, Milchkühe und die Heimtiere.

Zu den jüngsten Skandalen zählt die 2009 erlassene Masthühner-Richtlinie, die bis zu 25 Tiere pro qm bis zu 39 und 42 kg pro qm zulässt, was besonders in der Endphase der Mast eine absolut unzumutbare und unverantwortliche Tierquälerei bedeutet. Die extremen Haltungsbedingungen und die Qualzucht auf raschen Fleischzuwachs führen zu gravierenden gesundheitlichen Problemen wie Bewegungsstörungen, Beinschwäche und Beinfehlstellungen, Fußballenentzündungen, Herz-Kreislauferkrankungen, Brustblasen, Knochendeformationen und Gelenkproblemen, Atemwegserkrankungen (s. Bericht des Wissenschaftlichen Ausschusses für Tiergesundheit und Tierschutz der EU (der eine Obergrenze von 25-30 kg empfahl) und der Bundestierärztekammer) (1). Gleiches trifft auf die Putenhaltung zu. Es geht um das Schicksal von fünf Milliarden Masthühnern jährlich.

(Die auch zur EU gehörende Europäische Lebensmittelbehörde EFSA mit ihrem wissenschaftlichen Gremium für Tiergesundheit und Tierschutz (AHAW), kam 2010 in zwei Gutachten bezüglich der Masthühner zu weitreichenden Schlüssen im Sinne des Tierschutzes. (Die Folgerungen für die Masthühner-Richtlinie stehen noch aus).

Dringender Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Haltung der Mastkaninchen, Puten und Schafe, für die es keine Richtlinien gibt.

Ab 2012 gilt das EU-Verbot der Sauenhaltung in Einzelkäfigen, beschlossen schon 2001, also wie üblich mit sehr langer Übergangszeit. Doch die Schweinehalterorganisationen wollen eine weitere Verlängerung. Nach der Schweinehaltungsrichtlinie ist das Kupieren der vier Eckzähne der Ferkel kurz nach der Geburt und das Kupieren der Schwänze nur in Ausnahmefällen gestattet, doch die Schweinehalter halten sich nicht daran und verstümmeln routinemäßig.

Bis Ende 2011 sollen die herkömmlichen Käfige der Legehennenbatterien abgeschafft sein, doch einige Staaten bzw. die Eier-Industrie wollen diesen Termin nicht einhalten.

Negativ ist die unterschiedliche Auslegung und Umsetzung der EU-Tierschutzbestimmungen, z.B. bei der Schweinehaltung, den Transporten, den Legehennen. Jüngste Kontrollen (2010) bei der Schweinehaltung im Kreis Vechta und im Raum Warendorf ergaben, dass in fast 90 % der besuchten Betriebe die Ställe nicht den EU-Vorgaben entsprachen, um nur ein Beispiel von vielen zu nennen. Zu den meist unzureichenden EU-Bestimmungen kommt also hinzu, dass selbst sie von den Mitgliedstaaten oft nicht eingehalten werden. So teilte 2010 die EU-Gesundheitskommissarin mit, dass die Mitgliedstaaten die EU-Schweinehaltungsbestimmungen besser durchsetzen müssten. Bei den regelmäßigen Untersuchungen in Betrieben und Kontrolleinrichtungen achte das europäische Lebensmittel- und Veterinäramt (FVO) besonders auf den Kenntnisstand der Schweinehalter sowie auf die national vorgesehenen Prozeduren einer Inspektion. Im Fall der Mängel würden Verbesserungsvorschläge gemacht. Hingewiesen wurde auf „Workshops“ der Kommission zur artgerechten Schweinehaltung, bei denen Erfahrungsberichte über gute Praktiken ausgetauscht werden.
Bezüglich Griechenland und Zypern stellte das FVO 2010 fest, dass diese Regierungen unfähig sind, die Tierschutzbestimmungen umzusetzen.

Fazit: Der weitaus größte Teil der „Nutztiere“ wird in einer ihren Bedürfnissen und angeborenen Verhaltensweisen entgegenstehenden tierschutzwidrigen Weise gehalten. Die ab 2007 wirksam gewordene Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ermöglicht zwar die Chance der stärkeren Berücksichtigung des Tierschutzes, doch obliegt die Ausführung den Mitgliedstaaten, und bis jetzt wurde unterschiedlicher und ungenügender Gebrauch von den finanziellen Anreizen zur Verbesserung des Tierschutzes gemacht.

Die Osterweiterung verursachte neue Probleme, z.B. durch den Wegfall der bisherigen Grenz- kontrollen, durch die längeren Transportwege innerhalb der EU. Einigungen zugunsten des Tierschutzes sind angesichts der größeren Zahl der Mitgliedstaaten und der besonderen Vernachlässigung des Tierschutzes in den Beitrittsländern noch schwieriger geworden.

Weil immer wieder über tierschutzwidrige Zustände größten Ausmaßes in den Beitrittsländern berichtet wird (wie millionenfacher Vogelmord auf in Italien, Malta und Zypern, Gänserupfen in Ungarn an den lebenden Tieren oder die tragische Situation, die in einem „Tierauffanglager“ in Nitra (Slowakei) herrscht), stellt sich die Frage, inwieweit wenigstens die Minimalanforderungen des EU-Rechts künftig durchgesetzt werden

Mit dem Beitritt der neuen Staaten entfielen für den Warenverkehr, somit auch für Tiertransporte ab 1. Mai 2004 zwischen diesen Staaten und der „alten“ EU die bisherigen Kontrollen an den Ostgrenzen Deutschlands, Österreichs und Italiens, wodurch sich die Leiden, die diese Transporte für die Schlachttiere mit sich bringen, vergrößerten. Die Auflösung der vorher bestehenden Grenzveterinär-Kontrollstellen ist besonders nachteilig, weil die aus Polen oder Tschechien kommenden Tiere bei der Einreise nach Deutschland bereits mehrere Stunden oder Tage unterwegs waren. Hinzu kommt der geplante Stellenabbau bei Polizei und Grenzveterinären, obwohl selbst bei gleichbleibendem Personalstand die Kontrollintensität nicht beibehalten werden kann.

Bezüglich der neuen östlichen Außengrenzen der EU ist noch ungeklärt, ob und wann an den zahlreichen neuen Übergangsstellen die erforderliche Infrastruktur vorhanden sein wird, um die notwendige Versorgung der Tiere sicherzustellen und um verletzten oder nicht mehr transport- fähigen Tieren wirksam zu helfen. Erforderlich ist eine 24stündige Entladung aller Tiere an den Außengrenzen.

Je größer also die EU, desto länger die unkontrollierten Tiertransporte selbst in den Binnen- grenzen.

Ca. 300 Millionen Rinder, Schafe, Pferde und Hühner werden jährlich durch die EU transportiert, nur, um danach zu sterben – zusammengepfercht, verletzt, mit oft gebrochenen Gelenken.

Positiv ist am EU-Beitritt, dass die Beitrittsländer Tier- und Artenschutzregelungen einführen und umsetzen müssen, wo es früher überhaupt keine gab. Deren Umsetzung wird sehr viele Jahre beanspruchen; es fehlen ja vielfach die regionalen und lokalen Institutionen und Verwaltungen, die die Umsetzung bewerkstelligen. In Polen und Ungarn wurden zwar 2003 Tierschutzgesetze verabschiedet, doch sind diese völlig unzulänglich. In diesen und den anderen Beitrittsstaaten sind also Tierschutzgesetze einzuführen, die ihren Namen verdienen und deren Vollzug auch realisiert wird, wozu eine entsprechende Infrastruktur (z.B. ein dichtes Netz verantwortlich arbeitender Veterinärämter) noch zu schaffen ist.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Lebensmittel- und Veterinäramt (FVO), das stichprobenartige Inspektionen auch in den neuen Beitrittsländern durchführt. 2009 erfolgten (insgesamt in der EU) 20 Inspektionen und Rechnungsprüfungen. Diese Kontrollen stellen meistens fest, dass die Empfehlungen der letzten Inspektion missachtet wurden bzw. dass die EU-Vorschriften z.B. zur Schweinehaltung nicht beachtet wurden (Einzelhaltung, Schwanzkürzen u.a.). 2010 werden rund 20 Experten vom LAVES (dem niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) bulgarische Amtstierärzte schulen. Die bulgarische Veterinäraufsicht soll so Standardprozeduren bei Tiergesundheitskontrollen in landwirtschaftlichen Betrieben etablieren, EU-Vorschriften im grenzüberschreitenden Handel mit Tieren und tierischen Produkten auch in Bezug auf die Tiertransporte durchsetzen, EU-Tierschutzvorschriften, den Einsatz von Tierarzneimitteln effektiver kontrollieren. Start Anfang 2010, auf sechs Monate ausgelegt.

Die Kommission hat auch festgelegt, dass Island vor einem EU-Beitritt den Walfang aufgeben muss.

Von Bedeutung sind auch die Richtlinie über die Haltung von Wildtieren in Zoos (1999), die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (1992), die Verordnung zur Umsetzung des Washingtoner Arten- schutzübereinkommens (1997) sowie die Verordnung zum Verbot von Tellereisen in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Tellereisen anwenden (1995 in Kraft getreten, jedoch aufgrund des Drucks der Ausfuhrländer wurde der Importstop nicht realisiert).

Die bereits 1979 erlassene aber erst 2010 in Kraft getretene Vogelschutz-Richtlinie wird von ca. 12.000 Vogel-Jägern und 4.500 Vogelfängern allein auf Malta ignoriert. Ähnlich ist es in Spanien, auf Zypern und Kreta sowie in Italien. Dort gab und gibt es immer wieder Sondergenehmigungen zum Abschuss geschützter Vogelarten. Das „Komitee gegen den Vogelmord“ hat nach 15 Jahren Rechtsstreits mit über 50 gewonnenen Prozessen 2009 eine Umweltbeschwerde bei der EU-Kommission gegen Italien eingereicht. Der Europäische Gerichtshof hat am 19. Juli 2010 Italien wegen fortdauernden Verstoßes gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie verurteilt, weil die Abschussgenehmigungen eindeutig illegal waren. Doch wird in Italien seitens der Regionalpolitiker schon wieder überlegt, wie man die EU-Gesetze weiterhin aushebeln kann.

Im November 2010 forderte die Kommission Malta auf, die Vogelschutzrichtlinie und den Richterspruch des Europäischen Gerichtshofs zu respektieren. Trotzdem hatte Malta im Frühjahr 2010 wieder die Jagd auf Turteltauben und Wachteln erlaubt und angekündigt, diese 2011 erheblich auszuweiten.

In Frankreich ist die Provence Schauplatz der tierquälerischen Jagd auf Singvögel mit Tausenden Leimruten. Doch obwohl der Fang mit Klebefallen von der EU verboten wurde, hat die Regierung in Paris den Einsatz der Leimruten zu einer vom Aussterben bedrohten Tradition erklärt und jedem Fänger den Einsatz von bis zu 30 Leimruten erlaubt. Experten gehen davon aus, dass jährlich bis zu einer halben Million Vögel in den aufgestellten Fallen verenden

Im November 2009 wurde ein Einfuhrverbot für Robbenerzeugnisse beschlossen, allerdings ausgenommen die traditionelle Robbenjagd der Inuit

Treibnetze sind durch EU-Recht seit 2002 verboten, jedoch z.B. von Italien nicht realisiert (2009 erging an Italien eine Aufforderung durch den Europäischen Gerichtshof, jedoch ohne Sanktionen. Ähnlich gegen Spanien wegen Verletzung der Zoo-Richtlinie).

Einfuhr und innergemeinschaftlicher Handel mit Katzen- und Hundefellen wurde verboten.

Verschiedene Verbesserungen soll der angekündigte „Aktionsplan für den Tierschutz 2011-15“ bringen.

Erst eine veränderte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zugunsten der Tiere wird den Erfolg der Aufnahme des Tierschutzes in den EU-Reformvertrag belegen. Ansätze dazu hat es bereits gegeben.

Was ist zu tun?

Sache und Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, im Ministerrat der EU für fortschrittliche Tierschutzbestimmungen zu sorgen und bei sich selbst über die Mindestanforderungen hinauszugehen. (Oft wird „die“ EU (die Kommission) für Entscheidungen verantwortlich gemacht, die sie gar nicht zu verantworten hat). Die gleichen Forderungen bzw. Maßnahmen, die für die „Nutztierhaltung“, die Schlachtmethoden, die Tiertransporte und die Tierversuche auf nationaler Ebene notwendig sind, müssen ebenso in der EU durchgesetzt werden.

Anzustreben ist ein wirksamer Außenschutz für Produkte, die nicht den Tierschutzbestimmungen der EU entsprechen. Ein solcher Schutz besteht bereits in Bezug auf Gesundheitsaspekte. Eine Meinungsumfrage der EU-Kommission und deren Absichtserklärungen rechtfertigen es, die nationalen Märkte vor nicht tiergerecht erzeugten Billigprodukten zu schützen. Als erster Schritt sollte eine bessere Kennzeichnung für Produkte aus Drittländern angestrebt werden. Auch bei Umverpackung oder Verarbeitung in der EU sollte zwingend das Ursprungsland auf der Verpackung stehen.

Die Kontrollen in den Mitgliedstaaten sind zu intensivieren; bei Verstößen gegen das EU-Recht sind nachdrückliche, harte Strafen zu verhängen. Schließlich muss erreicht werden, dass die Tierschutzorganisationen an der Ausarbeitung und Entscheidungsprozessen der tierschutzrelevanten Beschlüsse gebührend beteiligt werden. Auch bei der Neuregelung der GAP müssen die Gemeinschaftsorgane ihren Dialog auch mit den Verbänden des Umwelt- und Tierschutzes führen.

 

Für Tierschutz zuständige Kommissare: John Dalli (Gesundheit und Verbraucher); Dacian Ciolos (Agrarpolitik)

Webseiten:
http://ec.europa.eu/dgs/health_consumer/index_de.htm
http://ec.europa.eu/food/animal/welfare/index_de.htm
http://ec.europa.eu/food/animal/welfare/farm/index_de.htm
http://ec.europa.eu/food/fvo/index_en.cfm
http://www.europarl.europa.eu/
http://www.animalwelfareintergroup.eu
http://www.vier-pfoten.eu

(1)

Das EFSA-Gremium für Tiergesundheit und Tierschutz (AHAW-Gremium) hat Juli 2010 ein wissenschaftliches Gutachten über den Einfluss der genetischen Auswahl auf das Wohlbefinden von Masthühnern und ein weiteres Gutachten über den Einfluss von Unterbringung und Haltung auf das Wohlbefinden von Masthuhnzuchttieren angenommen. Die Sachverständigen der EFSA stellen fest, dass die meisten Tierschutzprobleme mit zu schnellem Wachstum, welches durch genetische Selektion der Hühner erreicht wurde, zusammenhängen. Außerdem beschreiben sie Probleme durch die Wechselwirkungen zwischen genetischen Merkmalen und der Umwelt der Hühner (zum Beispiel die Haltung und das Management auf Geflügelfarmen). Diese Gutachten unterstützen die Europäische Kommission bei der Erstellung eines Berichts an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union.

Im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Wachstum von Masthühnern hauptsächlich durch genetische Auswahl um das vierfache beschleunigt. Wobei allgemein unbestritten ist, dass die genetische Auswahl auf eine erhöhte Produktivität bei diesen Hühnern zu Tierschutzproblemen geführt hat. Die genetische Auswahl von Hühnern berücksichtigt inzwischen auch Tierschutzaspekte, wobei jedoch Verbesserungen oder sonstige Veränderungen in diesem Bereich schwer zu quantifizieren sind, weil keine verlässlichen Daten zur Verfügung stehen. Die Sachverständigen des AHAW-Gremiums betonen die Notwendigkeit, Tierschutzindikatoren in Masthühnerbeständen zu entwickeln und zu überwachen, um Veränderungen des Wohlergehens der Tiere messen zu können. Außerdem heben sie hervor, dass es an harmonisierten quantitativen Daten in Europa mangelt, um die Auswirkungen der genetischen Auswahl sowie die Auswirkungen der Unterbringungs- und Haltungssysteme auf das Wohlergehen von Masthuhnzuchttieren zu beurteilen. Die Sachverständigen empfehlen insofern, systematische Datenerhebungs- und Überwachungssysteme einzuführen.

Im „Wissenschaftlichen Gutachten über den Einfluss der genetischen Auswahl auf das Wohlbefinden von Masthühnern“ heißt es:

Bei Masthühnern waren die wichtigsten Tierschutzprobleme, welche im Zusammenhang mit der genetischen Auswahl ermittelt wurden, vor allem Skeletterkrankungen, die zu Problemen wie Lahmheit, Kontaktdermatitis, unregelmäßigen Körperformen und plötzlichem Herztod („sudden death syndrome“) führen. Diese Probleme hängen hauptsächlich mit einem zu schnellen Wachstum zusammen und führen zu beeinträchtigtem Wohlergehen der Tiere. Die Sachverständigen zeigen auf, dass das Wohlbefinden von Masthühnern verbessert werden könnte, insbesondere, wenn die Tiere genetisch auf höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbedingungen ausgewählt würden; so sollten beispielsweise Tiere, die langsamer wachsen, für heiße Klimabedingungen ausgewählt werden, weil schnell wachsende Masthühner anfällig für Hitzestress sind. Darüber hinaus sollte bei der genetischen Auswahl von Hühnern vorrangig Wert auf die Verringerung der Zahl von lahmen Tieren und des Auftretens der Kontaktdermatitis gelegt werden. Dies sind wichtige Tierschutzprobleme, die aus dem Zusammenspiel zwischen genetischen Veranlagungen und Umweltbedingungen resultieren.

Und im „Wissenschaftlichen Gutachten über den Einfluss von Unterbringung und Haltung auf das Wohlbefinden von Masthuhnzuchttieren“ steht u.a.:

Bei Zuchthühnern ermittelten die Experten des „Wiss. Gutachtens über den Einfluss von Unterbringung und Haltung auf das Wohlbefinden von Masthuhnzuchttieren“ u.a. fünf Hauptrisikofaktoren: Die Haltungsfaktoren sind reizarme Umgebung, Besatzdichte, Futterbeschränkung und begrenzte Lichtquellen, der genetische Faktor ist das schnelle Wachstum. Auch die Wechselwirkungen zwischen Genetik und Umwelt bedingen Tierschutzprobleme.

05.03.2011
Edgar Guhde

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Anlage

Europäische Union: Bewertung des „Aktionsplans für Tierschutz 2006-2010“. Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Berichterstatterin Marit Paulsen (Schweden). März 2010

Der 18seitige Text geht von einer Reihe „Erwägungen“ für den Bericht aus. Hier einige markante:

Ein neuer„Aktionsplan für den Tierschutz 2011-2015“ wird von der Kommission ausgearbeitet.

Spätestens 2014 soll die Kommission einen Vorschlag für ein „allgemeines europäisches Tierschutzrecht“ vorlegen („Richtlinien für verantwortungsvolle Tierhaltung“). „Gemeinsames Mindestniveau für den Tierschutz“ als Voraussetzung für einen freien und fairen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt.“ „Eingeführte Erzeugnisse sollen den gleichen Anforderungen an das Wohlergehen der Tiere entsprechen wie sie an Erzeuger der europäischen Wirtschaftsteilnehmer gestellt werden.“

Der Bericht „betont, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors auf der Ebene der EU durch die Förderung und Einhaltung der geltenden Tierschutzbestimmungen ... weiter verbessert und gesteigert werden muss.“

Zum neuen Aktionsplan 2011-2015:
Nach Ansicht der Berichterstatterin sollte er u.a. folgende Schwerpunkte haben:
Einführung eines allgemeinen europäischen Tierschutzrechts
Schaffung eines europäischen Zentrums für Tierschutz und Tiergesundheit
Bessere Kontrolle der geltenden Rechtsvorschriften

Zum „Aktionsplan 2006-2010“:
„Ein Großteil der Maßnahmen, die in dem derzeitigen, nicht allzu ehrgeizigen Aktionsplan aufgeführt werden, wurde in zufriedenstellender Weise durchgeführt.“
Vernachlässigt wurden die Tiertransporte (noch immer kein Satellitensystem zur Überwachung). Viele Schweinezüchter verstoßen gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2008/120/EG über die Mindestanforderungen.

Es gibt noch große Unterschiede hinsichtlich des Tierschutzniveaus zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Der Bericht ist der Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments und wurde im Ausschuss am 17.03.2010 mit 34 gegen 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen.

 

Danach auch vom Europäischen Parlament.

 

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