EU-Schlachtverordnung
Auszug aus der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 DES RATES
vom 24. September 2009
gültig ab 1. Januar 2013
Seite 3
(18) Die Richtlinie 93/119/EG sah im Fall der rituellen Schlachtung in einem Schlachthof eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Betäubung vor. Die Gemeinschaftsvorschriften über die rituelle Schlachtung wurden je nach den einzelstaatlichen Bedingungen unterschiedlich umgesetzt, und die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigen Faktoren, die über den Anwendungsbereich dieser Verordnung hinausgehen; daher ist es wichtig, dass die Ausnahme von der Verpflichtung zur Betäubung von Tieren vor der Schlachtung aufrechterhalten wird, wobei den Mitgliedstaaten jedoch ein gewisses Maß an Subsidiarität eingeräumt wird. Folglich wird mit dieser Verordnung die Religionsfreiheit sowie die Freiheit, seine Religion durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen, geachtet, wie dies in Artikel 10 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist.
Artikel 4 Betäubungsverfahren Seite 9
Tiere werden nur nach einer Betäubung im Einklang mit den Verfahren und den speziellen Anforderungen in Bezug auf die Anwendung dieser Verfahren gemäß Anhang I getötet. Die Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit muss bis zum Tod des Tieres anhalten.
Im Anschluss an die in Anhang I genannten Verfahren, die nicht zum sofortigen Tod führen (im Folgenden: „einfache Betäubung“), wird so rasch wie möglich ein den Tod herbeiführendes Verfahren, wie z. B. Entblutung, Rückenmarkszerstörung, Tötung durch elektrischen Strom oder längerer Sauerstoffentzug, angewandt.
Anhang I kann nach dem Verfahren gemäß Artikel 25 Absatz 2 auf Grundlage einer Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit geändert werden, um dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt Rechnung zu tragen. Bei derartigen Änderungen muss der Tierschutz zumindest auf einem Niveau gewährleistet werden, wie es sich mit den bestehenden Verfahren erreichen lässt.
Leitlinien der Gemeinschaft bezüglich der in Anhang I genannten Verfahren können nach dem Verfahren gemäß Artikel 25 Absatz 2 erlassen werden.
Für Tiere, die speziellen Schlachtmethoden unterliegen, die durch bestimmte religiöse Riten vorgeschrieben sind, gelten die Anforderungen gemäß Absatz 1 nicht, sofern die Schlachtung in einem Schlachthof erfolgt.
Artikel 5 Betäubungskontrollen Seite 9
Die Unternehmen stellen sicher, dass die für die Betäubung zuständigen Personen oder sonstige benannte Angehörige des Personals durch regelmäßige Kontrollen sicherstellen, dass die Tiere in der Zeit zwischen dem Ende des Betäubungsvorgangs und dem Tod keine Anzeichen von Wahrnehmung oder Empfindung aufweisen. Diese Kontrollen werden anhand einer repräsentativen Stichprobe von Tieren vorgenommen; ihre Häufigkeit wird ausgehend von den Ergebnissen früherer Kontrollen und unter Berücksichtigung aller Faktoren bestimmt, die die Wirksamkeit der Betäubung beeinträchtigen könnten. Ergeben die Kontrollen, dass ein Tier nicht ordnungsgemäß betäubt ist, so ergreift die mit der Betäubung beauftragte Person unverzüglich die geeigneten Maßnahmen, die in den gemäß Artikel 6 Absatz 2 erstellten Standardarbeitsanweisungen festgelegt sind.
Werden Tiere für die Zwecke des Artikels 4 Absatz 4 ohne vorherige Betäubung getötet, so müssen die für die Schlachtung zuständigen Personen systematische Kontrollen durchführen, um sicherzustellen, dass die Tiere keine Anzeichen von Wahrnehmung oder Empfindung aufweisen, bevor ihre Ruhigstellung beendet wird, und kein Lebenszeichen aufweisen, bevor sie zugerichtet oder gebrüht werden.
Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 können die Unternehmer die Kontrollverfahren anwenden, die in den Leitfäden für bewährte Verfahrensweisen gemäß Artikel 13 festgelegt sind. DE 18.11.2009 Amtsblatt der Europäischen Union L 303/9
Gegebenenfalls können nach dem Verfahren gemäß Artikel 25 Absatz 2 auf Grundlage einer Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Ausnahmen von den in Absatz 1 vorgesehenen Anforderungen festgelegt werden, um dem hohen Zuverlässigkeitsgrad bestimmter Betäubungsverfahren Rechnung zu tragen.
Kapitel VII Schlussbestimmungen
Artikel 26 Strengere nationale Vorschriften Seite 17
Diese Verordnung hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung geltende nationale Vorschriften beizubehalten, mit denen ein umfassenderer Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung sichergestellt werden soll. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die entsprechenden nationalen Vorschriften vor dem 1. Januar 2013 mit. Die Kommission unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten hiervon.
(2) Die Mitgliedstaaten können nationale Vorschriften, mit denen ein umfassenderer Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung als in dieser Verordnung vorgesehen sichergestellt werden soll, in folgenden Bereichen erlassen:
- die Tötung von Tieren und damit zusammenhängende Tätigkeiten außerhalb eines Schlachthofs;
- die Schlachtung von Farmwild im Sinne von Anhang I Nummer 1.6 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 einschließlich von Rentieren und damit zusammenhängende Tätigkeiten;
- die Schlachtung von Tieren gemäß Artikel 4 Absatz 4 und damit zusammenhängende Tätigkeiten. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die entsprechenden nationalen Vorschriften mit. Die Kommission unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten hiervon.
Hält ein Mitgliedstaat es auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse für erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen in Bezug auf die Betäubungsverfahren gemäß Anhang I ein umfassenderer Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung sichergestellt werden soll, so setzt er die Kommission über die vorgesehenen Maßnahmen in Kenntnis. Die Kommission unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten hiervon. Innerhalb eines Monats ab ihrer Unterrichtung muss die Kommission den in Artikel 25 Absatz 1 genannten Ausschuss mit dieser Frage befassen und die betreffenden nationalen Maßnahmen auf der Grundlage eines Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und gemäß dem Verfahren des Artikels 25 Absatz 2 genehmigen oder ablehnen. Hält die Kommission dies für angezeigt, so kann sie auf der Grundlage der genehmigten nationalen Maßnahmen gemäß Artikel 4 Absatz 2 Änderungen von Anhang I vorschlagen.
Ein Mitgliedstaat kann jedoch das Inverkehr bringen von Erzeugnissen tierischen Ursprungs, die von in anderen Mitgliedstaaten getöteten Tieren stammen, in seinem Hoheitsgebiet nicht mit der Begründung verbieten oder behindern, dass die betreffenden Tiere nicht nach seinen nationalen Vorschriften, mit denen ein umfassenderer Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung sichergestellt werden soll, getötet wurden.