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Frau
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner
Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz

11055 Berlin
                                                                                                                                           
                                                                                                                     14.12.09

Betrifft: Die dringend nötige Aktualisierung der Geflügelpestschutzverordnung

Sehr geehrte Frau Aigner,

wir appellieren an Sie, im Interesse einer nachhaltigen, tierschutz- und umweltfreundlichen Tierhaltung, die Strategie Ihres Hauses gegen die Geflügelpest ("Vogelgrippe") grundsätzlich zu ändern.

Das Keulen ganzer Geflügel-Bestände allein beim Verdacht auf Geflügelpest oder beim Fund niedrig pathogener Influenzaviren (LPAIV) ist nicht angemessen. Das zeigen aktuelle Studien (s. Anhänge 1 und 3) und Beispiele verheerender Fehleinschätzungen, auch aus der jüngsten Vergangenheit (s. Anhang 2).

Die Geflügelpest-Verordnung wirkt sich vor allem für die Bauern negativ aus: Auf Grund fehlender Planungssicherheit geraten bäuerliche Existenzen in Not, Freiland­haltung ist in vielen Gebieten kaum noch möglich. Darüber hinaus wird die internationale Chancengleichheit für deutsche Geflü­gel­freilandbetriebe außer Kraft gesetzt, denn im europäischen Ausland gibt es auch für Gebiete mit hoher Ge­flügeldichte keine gene­rel­le Stallpflicht.

“Generelle Stallpflicht“ führt bei Freilandtieren zu sehr starken Leiden und Schäden und verletzt dauerhaft das Tierschutz-Recht (Staatsziel im Grundgesetz, §2,2 TschG.). Tierschutz ist auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

Besonders betroffen sind die Halter von Wassergeflügel. Denn gerade Gänsehaltung ist ohne Freiland nicht möglich. Das Federkleid der Tiere wird im Stall stark beschädigt. Wasservögel brauchen Badewasser, Gänse brauchen als Weidetiere viel Bewegung, Platz und Material zum Picken. Beispiel: Eskildsen, der größte Gänsemäster Deutschlands (Informationen bei der betreuenden Tierärztin  Frau Dr. Rosemarie Heiss: dr.heiss@eskildsen.de ).

Das Immunsystem der Tiere wird durch Stallhaltung geschwächt, so dass die Tiere für Infektionskrankheiten empfänglich werden können. Viele weitere Erkrankungen wie Fußballenschäden und Verhaltensstörungen bis zum Kannibalismus kommen in Stallhaltung haltungsbedingt hinzu.

93% der Verbraucher wollen mehr Tierschutz in der Landwirtschaft, wie eine Umfrage des Bauernver­bandes bestätigt (Emnid, in: Agrimente 2009). Dieser Punkt wurde von allen Kriterien am häufigsten genannt. "Prozessqualität" nennt man das. Die generelle Stallpflicht fördert das Gegenteil, auch die einseitige Unterstützung von Großbetrieben durch die Mengenkoppelung tut dies - zum Schaden artgerecht wirtschaftender Betriebe. Dieser Trend ist aufzuhalten, will man die kleinen Betriebe wirklich ernsthaft erhalten und den Verbraucherwillen ernst nehmen und erfüllen. Dies bietet sogar eine große Chance - jeder Anbieter muss sich nach dem Markt richten - für den Binnen­markt, der für die Landwirtschaft eine große Rolle spielt. Billig produzieren kann das Ausland besser.
In Deutschland sollte stattdessen die Prozessqualität und der von den Verbrauchern geforderte Tierschutz gefordert werden, zum Wohle aller. Bauern, Verbraucher und Tiere haben ein Recht darauf, dass Gesetze und Verordnungen auf Tatsachen be­ruhen und nicht auf umstrittenen Hypothesen einiger Wissenschaftler.

Wir fordern Sie auf, die durch unverhältnismäßige Belastungen erzeugte Not der Bauern und der Tiere zeitnah durch Änderung der Nutzgeflügel-Geflügelpestschutzverordnung zu beenden!

Bitte bedenken Sie dabei:
1.: Eine Aufhebung der Stallpflicht schadet auch den Massentierhaltern nicht. Sie verhindert aber eine Zerstörung der Freilandhaltung und fördert den Tierschutz.

Die Konkurrenz durch Freilandhaltung, die Verbraucher fordern und Tiere zum artgerechten Leben brauchen, muss sich auch die Agroindustrie gefallen lassen.

2.: Die viel zu häufigen Keulungen nur auf Verdacht empören jeden Tierfreund, und alle, die Respekt und Dankbarkeit angesichts von Lebensmitteln empfinden. Eine Quarantäne bis zur Absicherung des Ergebnisses (doppelt, in unterschiedlichen Laboren, kein Schnelltest und zur Absicherung Blutuntersuchung auf Antikörper) ist zumutbar und notwendig, auch um Missbrauch der Seuchenkasse zu verhindern.

3.: Das Keulen von Beständen mit niedrig pathogenen Viren ist epidemiologisch nicht nur sinnlos sondern auch schädlich und zudem teuer für die Seuchenkasse. Neuen Studien zufolge sind Durchseuchungen mit niedrig pathogenen Erregern  sinnvoll zur Entwicklung einer belastbaren Immunität gegen hoch pathogene Influenza. (s. Anhang 3)

Aus den genannten Gründen fordern wir die sofortige Aufhebung der generellen Stall­pflicht, sowie eine Beendigung der "Keulungen" bei niedrig pathogenen Viren der Aviären Influenza und auf bloßen Verdacht hin. Für den kurzen Zeitraum der Test­aus­wertung ist eine Quarantäne zumutbar.

Wir fordern außerdem regelmäßige Kontrollen der intensiven Geflügelmast- und Lege­hennenbetriebe. In Beständen der Freilandhaltung wurden dagegen kaum je Influenza-Viren gefunden. Hier könnte man auch auf Routine-Untersuchungen in Zukunft verzichten.

Im Übrigen besteht kein einleuchtender Grund, Geflügelbestände anders zu behandeln als Schweinebestände, die in Deutschland zu ca. 92% mit unterschiedlichen Influenzaviren durchseucht sind, was als normal betrachtet wird. (s. Anhang 4)

 

Mit freundlichem Gruß

i. A. Edgar Guhde
Politischer Arbeitskreis für Tierrechte in Europa (PAKT) e. V.

und die in der angehängten Liste der Unterzeichner aufgeführten
14 Verbände/Organisationen aus Landwirtschaft und Tierschutz
und weiteren Unterstützern.

Anlagen:

  • Liste der Unterzeichner und Unterstützer
  • Anhänge 1 - 4

 

Unterzeichnerliste:

Unsere Aktion gegen Stallpflicht wird von 14 Verbänden/Organisationen getragen:

  1. Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt
  2. Arbeitsgemeinschaft für bäuerliche Landwirtschaft AbL e. V.
  3. Aktion Kirche und Tiere AKUT e. V.
  4. Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e. V. AGfaN
  5. Aktion Konsequenter Tierschutz AKT gGmbH
  6. Arbeitskreis humaner Tierschutz e. V.
  7. Die Eulen e. V.
  8. Initiative "Schule und Tierschutz"
  9. Menschen für Tierrechte. Tierversuchsgegner Baden-Württemberg e. V.
  10. Politischer Arbeitskreis für Tierrechte in Europa PAKT e. V.
  11. PROVIEH e. V.
  12. Schüler für Tiere e. V.
  13. Tier und Mensch e. V.
  14. Tierschutzverein Lindau e. V.

 

Weitere Unterstützer:

  1. Mediation und Projektmanagement Tiergesundheit & Agrobiodiversität/ Dr.med.vet. Anita Idel
  1. Petitionsinitiative "Freiheit für´s Federvieh"

   von Armin Arend, Petition 3-16-10-7831-008045,
   mit über 20.000 Petenten

 

Anhänge

Anhang 1)

Die Ergebnisse groß angelegter und nun schon einige Jahre währender Forschungsprojekte wie "Constanze" zeigen, dass Wildvögel selbst in so genannten Risikogebieten nicht mit HPAI/H5N1 infiziert sind. Auch niedrig pathogene Varianten der aviären Influenza werden nur sehr selten und regional begrenzt gefunden. Das Wissenschafts­forum Aviäre Influenza (WAI), ein unabhängiges Forum interdisziplinär arbeitender Wissenschaftler, hat die Gensequenzen der weltweit unter Hunderttausenden negativer Proben entdeckten Einzelfunde von HPAI-positiven Tieren untersucht und kommt zu dem Schluss, dass sie aufgrund von Laborfehlern entstanden. Diese sind bei einer derartig großen Datenmenge normal. Verschiedene Methoden, auch die PCR, weisen eine in der Fachwelt bekannte Fehlerquote auf, die bei höheren Fallzahlen, die hier vorliegen, ins Ge­wicht fällt. (Weitere Info dazu: www.wai.netzwerk-phoenix.net).

Signifikant genug, um eine Hypothese oder gar einschneidende Verordnungen darauf zu gründen, sind die wenigen  Einzelfunde unter den Hunderttausenden von negativen Proben keinesfalls. Zudem muss jede Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko stehen. Das ist hier  nicht der Fall, denn  die Übertragung von HPAI von Wild- auf Nutzgeflügel ist bislang eine reine Labor-Hypothese, die trotz der weltweit zahlreichen Ausbrüche in keinem einzigen realen Fall bewiesen wurde.

Selbst wenn diese Hypothese zuträfe: Das Risiko einer Übertragung von Infektions­krank­heiten von Wild- auf Nutzgeflügel wäre sehr gering, weil kaum Kontakt zwischen Freilandtieren und Wildvögeln besteht, wie eine Schweizer Studie im Rahmen von „Constanze“ zeigte.

Die Ausbeute des Wildvogel-Monitorings, das über einen längeren Zeitraum hinweg große und gut verteilte Bestände untersuchte, hat die Wildvogelhypothese hinreichend widerlegt. Es fehlt ihr jede Grundlage und es müssen Tatsachen  negiert werden, um weiterhin an sie zu glauben. Diese Tatsachen sind unter anderem:

  1. Die fast überall nachweislich bestehende Mitwirkung des Menschen durch Handel, Personenverkehr und "harte Vektoren" (Geräte etc.)
  2. Der Austrag von Kot auf Felder und in Gewässer
  3. Die Entsorgung der Innereien von Tiefkühlgeflügel auf dem Komposthaufen, wo sich das Nutzgeflügel infizierte (dies ist sogar durch das FLI belegt).

Weitere Fakten und Literaturhinweise finden Sie auf www.wai.netzwerk-phoenix.de.

 

Anhang 2):

Ausführlich und mit Quellen hinterlegt finden Sie Beispiele von fehlerhaften Befunden unter:  http://www.wai.netzwerk-phoenix.net
unter anderem: Gans in Saalfeld-Rudolstadt 2007,  Tafelente in Sempach 2008, Ente in Markersdorf 2008, Ente am Starnberger See 2009.

 

Anhang 3):

 

Anhang 4)

WHO-Empfehlung zur Influenza bei Schweinen:
http://www.raiffeisen.com/news/artikel/30213639

 

 

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